1.3 Konzept der Farmer Field School (FFS)
Allgemeine Lernprinzipien der Farmer Field School
Lernen durch Handeln
Die Teilnehmer/Landwirte ändern ihr Verhalten und ihre Praktiken nicht, nur weil ihnen jemand sagt, was sie tun oder wie sie es ändern sollen. Sie lernen besser durch Erfahrung als durch passives Zuhören bei Vorträgen oder Demonstrationen. Deshalb geht es vor allem darum, durch eigenes Tun zu lernen und neue Ideen und Praktiken vor Ort auszuprobieren.
Das Feld ist der Lernort
Das Feld ist der wichtigste Lernort, um den herum alle Aktivitäten organisiert werden. Die Landwirte lernen direkt aus dem, was sie in ihrer Umgebung beobachten, sammeln und erleben, und nicht aus Lehrbüchern. Die Teilnehmer bereiten auch ihr eigenes Lernmaterial (Zeichnungen, Skizzen, usw.) vor, das auf dem basiert, was sie beobachten.
Kompetenzen, nicht Informationen, sind das Ziel
Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen, nicht auf dem Erlernen neuer technologischer Möglichkeiten. Der Schwerpunkt liegt auf dem Verständnis der wissenschaftlichen Grundlagen hinter den verschiedenen Aspekten des Agrarökosystems, damit die Landwirte den Innovationsprozess selbst umsetzen können, d.h. das „Warum“ hinter dem „Wie“ zu verstehen. Die Technologien werden nicht als Modelllösungen vermittelt, sondern als Beispiele dafür, wie verschiedene agrarökologische Prozesse unterstützt werden können.
Erfahrungsbasiertes Lernen
Die Grundannahme ist, dass Lernen immer auf früheren Erfahrungen basiert, die für jeden Menschen einzigartig sind, und dass jeder Versuch, neues Lernen zu fördern, die Erfahrungen in irgendeiner Weise berücksichtigen muss. Daher sind der Austausch und die Diskussion zwischen den Teilnehmern ein grundlegendes Element des partizipativen und erfahrungsbasierten Lernens.
Entdeckungsbasiertes Lernen
Technische Informationen werden so weit wie möglich durch entdeckungsbasierte Übungen und nicht durch Vorträge vermittelt. Entdeckungsbasiertes Lernen ist ein wesentlicher Bestandteil, da es den Teilnehmern hilft, ein Gefühl der Eigenverantwortung zu entwickeln und Vertrauen in ihre Fähigkeit zu gewinnen, Aktivitäten und Ergebnisse selbständig zu reproduzieren. Diese Übungen dauern in der Regel zwischen einer und drei Stunden, um in eine reguläre Sitzung zu passen. Sie behandeln das Lernthema des Tages auf praktische Weise. Z. B. kann ein Insektenzoo gebaut werden, um das Verhalten und die Interaktionen verschiedener Insekten zu beobachten. Oder können Bodengruben gegraben werden, um und Bodenschichten und –arten zu analysieren. Ein weiteres Beispiel wäre das Züchten von Zecken, um deren Lebenszyklus zu verstehen, usw. Die Gruppen lernen eine Vielzahl von Analysemethoden, um die Fähigkeit zu erwerben, Probleme zu erkennen und zu lösen. Es gibt keine einheitliche Definition dafür, was eine entdeckungsbasierte Übung ausmacht, aber bestimmte Grundsätze bilden einen Rahmen:
- Das Lernumfeld liefert das wichtigste Lernmaterial, und jede Übung sollte ihre Wurzeln in den Feldern der Landwirte haben.
- Die Aktivitäten basieren auf dem, was auf den Feldern der Landwirte zu diesem Zeitpunkt geschieht. Man kann Dinge nicht entdecken, wenn sie in der Vergangenheit passiert sind oder in der Zukunft passieren werden.
- Jede Aktivität sollte auf den Erfahrungen der Landwirte mit dem Thema aufbauen, d.h. Diskussionen und Austausch unter den Teilnehmern einschließen, um Erkenntnisse aus der lokalen Praxis zu gewinnen und technische Lücken zu ermitteln.
- Die Entdecker sind in erster Linie die Landwirte. Das Ziel ist es, den Teilnehmern zu helfen, sich mehr von dem zu merken, was sie lernen; daher sind die Übungen auf praktische Entdeckungen ausgelegt und nicht nur darauf, etwas zu sehen oder zu hören.
Eigener Lehrplan der Teilnehmer
Die Landwirte, nicht der Moderator, entscheiden, welche Themen für sie wichtig sind und was sie in ihrem Lehrplan behandeln wollen. Der Moderator leitet sie lediglich durch ihren Lernprozess, indem er den Teilnehmern die Möglichkeit gibt, neue Erfahrungen zu machen. So wird sichergestellt, dass die Informationen relevant und auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten sind. Die Schulungsaktivitäten sollten sich an den vorhandenen Wissenslücken und Fähigkeiten der Gemeinschaft orientieren und den Kenntnisstand der Gemeinschaft berücksichtigen. Jede Gruppe ist anders und hat ihre eigenen Bedürfnisse und Realitäten. Da die Teilnehmer ihre eigenen Inhalte entwickeln, ist jeder von ihnen einzigartig. Da die Landwirtschaft in der Regel eng mit anderen Aspekten des Lebensunterhalts verknüpft ist, umfasst der Lehrplan auch nicht landwirtschaftliche Themen. Diese werden von den Landwirten genannt (z. B. menschliche Gesundheit, Ernährung, Umweltfragen, usw.). Diese Themen werden als spezifische Themen in den wöchentlichen Sitzungsplan aufgenommen. Ein weiteres Merkmal des Lehrplans ist, dass er dem natürlichen Zyklus seines Themas folgt, d. h. von „Samen zu Samen“ oder von „Ei zu Ei“. So können die Landwirte parallel zum Geschehen auf ihren Feldern Aspekte auf dem Feld diskutieren und beobachten, z. B. findet das Lernen über Unkraut statt, wenn Unkraut jäten angesagt ist usw.
Gruppenversuche und Experimente
Innovation und Experimentieren sind wesentliche Bestandteile des Lernprozesses und bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, zu lernen und Kapazitäten aufzubauen, um sich kontinuierlich an Veränderungen anzupassen und die Art und Weise, wie sie ihre Ressourcen verwalten, zu verbessern. Gruppen geleitete Experimente werden in der Regel zu einem Treffpunkt und einem Raum für Gruppenlernen.
In der Phase des Lerndesigns wird ein Versuchsthema festgelegt, gefolgt von Entscheidungen über verschiedene Technologien oder Praktiken, die erforscht und verglichen werden sollen, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Dabei kann es sich um Technologien handeln, die aus der Forschung stammen, oder einfach um Innovationen der Landwirte oder lokale Praktiken. Typische Experimente könnten Versuche und Vergleiche neuer Pflanzensorten, Optionen für eine verbesserte Bodenbewirtschaftung, Wohnformen und mehr sein.
Anleiten, nicht Lehren
Moderatoren leiten den Lernprozess nicht, indem sie lehren, sondern indem sie die Teilnehmer anleiten und dabei unterstützen, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. In Diskussionen trägt der Moderator dazu bei, dass die Gruppe zu einem Konsens über die zu ergreifenden Maßnahmen gelangt, und unterstützt sie dabei. Gelegentlich werden Forscher, Fachleute und externe Experten eingeladen, um den Gruppen bei Bedarf fachliche Unterstützung zu geben. Während der Sitzungen wird erwartet, dass der Moderator die letzte Rolle übernimmt und den Teilnehmern die Leitung der Lernaktivitäten überlässt, wobei der Moderator eher als Mentor und Begleiter des Prozesses präsent ist. Die Moderatoren sollten technische Fragen nicht direkt beantworten, sondern versuchen, nachzufragen und Gegenfragen zu stellen, um das Nachdenken und Lernen anzuregen. Bei Diskussionen über technische Fragen versucht der Moderator, eine Diskussion zu moderieren, bei der die meisten Informationen von den Gruppenmitgliedern geliefert werden. Um die Teilnahme aller zu erleichtern, werden in der Regel Kleingruppendiskussionen durchgeführt, bei denen die Teilnehmer zunächst in Gruppen von 3 bis 4 Personen untereinander diskutieren und dann das Thema im Gesamtteam erörtern.
Systematischer Lernprozess
Die Gruppe folgt demselben systematischen Lernprozess, der auf der Beobachtung und Analyse von Feldversuchen beruht. Die Landwirte treffen sich wöchentlich (die meisten einjährigen Kulturen und Nutztiere), zweimal wöchentlich (einige Dauerkulturen) oder monatlich (die meisten Dauerkulturen) nach einem von den Gruppenmitgliedern festgelegten regelmäßigen Zeitplan. Landwirtschaftliche Themen werden mit den organisatorischen Aspekten der Gruppe und der Gruppendynamik verknüpft, um Lernsitzungen zu bilden, die in der Regel wöchentlich stattfinden und einen halben Tag dauern. Alle anstrengenden Tätigkeiten wie die Pflege der Parzellen oder der Tiere, die Aussaat, das Unkraut jäten, das Gießen, das Füttern usw. finden vor oder nach den Lernsitzungen oder in eigens dafür geplanten Sitzungen am Arbeitstag statt. Zwischen der Gründung der Gruppe und dem Beginn der regelmäßigen Lernzyklen liegt eine Phase des Aufbaus der Gruppe, die gewöhnlich als Feldarbeit bezeichnet wird. Dieser Zeitraum umfasst die Bildung und Organisation der Gruppe, die Definition von Problemen und die Durchführung von Experimenten in den Betrieben, was in der Regel zwischen einem und drei Monaten dauert.
Spezielle Themen des Tages
Technische Informationen zur Ergänzung des „Learning by doing“ und des Experimentierens vor Ort sind in der Regel das Spezialthema des Tages. Dies ist eine Gelegenheit für den Moderator, Forscher oder Experten, die technischen Informationen zu vermitteln, die für ein allgemeines Verständnis des Themas erforderlich sind, und den Wissensstand der Teilnehmer auszugleichen. Das Tagesthema hat in der Regel einen Bezug zur Landwirtschaft, kann aber auch ein beliebiges anderes Thema sein. Die Teilnehmer können auch andere Probleme haben und das Bedürfnis verspüren, diese zu diskutieren. Wenn der Moderator nicht über spezifische Fachkenntnisse verfügt, können externe Experten oder andere Gemeindemitglieder eingeladen werden, um die Diskussion zu leiten. Die Rolle des Moderators besteht darin, sich auf ein bestimmtes Thema zu einem Zeitpunkt zu konzentrieren, der für die Gruppenteilnehmer am günstigsten ist.
Agrar-Ökosystem-Analyse
Der Eckpfeiler des FFS-Ansatzes ist die agrarökologische Systemanalyse (AESA), eine feldbasierte Analyse der Wechselwirkungen zwischen Nutzpflanzen/Vieh und anderen biotischen und abiotischen Faktoren, die auf dem Feld nebeneinander existieren. Ziel von AESA ist es, den Landwirten beizubringen, regelmäßige Beobachtungen auf dem Feld zu machen, Probleme und Möglichkeiten, die sich auf dem Feld ergeben, zu analysieren und die Entscheidungsfähigkeit bei der Betriebsführung zu verbessern. Die Analyse folgt einem Zyklus aus Beobachtung, Bewertung und Handlung. Durch die regelmäßige Durchführung von AESA (in der Regel wöchentlich, vierzehntägig oder monatlich, je nach Thema der Studie) entwickeln die Landwirte eine gedankliche Checkliste mit Indikatoren, die sie bei der Überwachung der landwirtschaftlichen Praktiken beachten. Der Prozess ist ganzheitlich, und die Landwirte arbeiten in Untergruppen von 4 bis 5 Personen unter der Leitung eines Moderators, um den partizipativen Prozess zu verbessern. In der Regel dauert diese Übung etwa 2 bis 3 Stunden und wird während der gesamten Saison oder des Lernzyklus durchgeführt, sodass sich die untersuchten Probleme und Entscheidungen mit ähnlichen Problemen auf den eigenen Feldern der Teilnehmer überschneiden, was die Lernmotivation erhöht.
Organisation der Gruppe
Die Handlungskompetenz wird durch kollektives Handeln gefördert, indem gut organisierte Gruppen gebildet werden, in denen die Teilnehmer die Möglichkeit haben, verschiedene Aspekte des Managements und der Führung zu üben. In der Regel werden ein detaillierter Zeitplan und Gruppennormen und -regeln befolgt, um Disziplin und Struktur durchzusetzen. Die Gruppen entwickeln ihre eigene Vision und Lernziele. Die ideale Mitgliederzahl liegt bei 20 bis 30 landwirtschaftlich tätige Personen gemischten Geschlechts. Um die Teilnahme aller zu gewährleisten, werden Untergruppen gebildet, die zu Beginn des Lernzyklus aus 3-5 Personen bestehen. Jede Untergruppe hat ihre eigenen Zuständigkeiten, in der Regel im Wechsel, wie z. B. die Ausrichtung und Leitung der wöchentlichen Treffen, daher der Begriff „Gastgebergruppe“. Diese Untergruppen führen auch zentrale Feldaktivitäten wie die AESA durch, und oft ist jede Gruppe für eine Behandlungsoption im Versuchsfeld verantwortlich. Durch die Wahl eigener Namen, Slogans und Mottos haben diese Untergruppen ihre eigene Identität und etablieren sich. Manchmal werden die Gruppen auch ermutigt, sich bei den örtlichen Behörden anzumelden und ein Bankkonto zu eröffnen, um nach dem Lernzyklus, wenn die Gruppe zu anderen Aktivitäten übergehen kann, nachhaltig zu arbeiten. Die Gruppe sollte über eine etablierte Führungsstruktur mit demokratisch gewählten Amtsträgern und Gruppenregeln und -statuten verfügen.
Gruppendynamische Übungen
Die FFS-Gruppe nutzt dynamische Übungen wie Impulsgeber, Theater, Gesang und Tanz, um ein angenehmes und informelles Lernumfeld zu schaffen. Diese Übungen erleichtern das Lernen und schaffen einen Raum für Reflexion und Austausch. Sie fördern auch den Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen Kommunikationsfähigkeit, Problemlösung und Führungsqualitäten. Darüber hinaus kann die Gruppendynamik ein wirksames Mittel sein, um heikle Themen wie häusliche Gewalt und Alkoholismus anzusprechen und sich wichtige berufliche Botschaften in mündlicher Form zu merken. Jede Lerneinheit beinhaltet eine gruppendynamische Komponente, die in der Regel vom Gastgeberteam des Tages oder von einem beliebigen Mitglied der Gruppe geleitet wird.