4.2 Monitoring und Prognosemodelle für Krankheiten
Website: | TOPPlant Portal |
Kurs: | Schulungshandbuch für Pflanzenschutz im ökologischen Landbau |
Buch: | 4.2 Monitoring und Prognosemodelle für Krankheiten |
Gedruckt von: | Guest user |
Datum: | Sonntag, 15. Juni 2025, 22:47 |
Monitoring und Prognosemodelle für Krankheiten
Lernziele:
- Klassifizieren von Krankheiten auf der Grundlage ihrer Morphologie und ihres Schadensbildes.
- Identifizieren von Krankheiten auf der Grundlage ihrer morphologischen Merkmale und Schadenssymptome.
- Koordinieren und organisieren der Krankheitsüberwachung, identifizieren von Krankheiten und entscheiden über Maßnahmen zur Erhaltung des Ertrags und zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden unter bestimmten Bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion.
Monitoring von Krankheiten
Unter Monitoring versteht man die Überwachung von Prozessen in landwirtschaftlichen Kulturen, um Daten und Erkenntnisse über Krankheiten zu gewinnen. Krankheiten werden visuell anhand offensichtlicher Symptome sowie anhand der Befallshäufigkeit (Prozentsatz der befallenen Pflanzen) und des Befallsgrades (Prozentsatz des befallenen Pflanzengewebes) beurteilt. Auch das Verteilungsmuster im Feldbestand ist wichtig. Es besteht auch die Möglichkeit einer Befallserhebung zur Früherkennung von Krankheiten ohne sichtbare Symptome. Dabei werden Stichproben im Labor mithilfe von PCR-Tests auf das genetische Material des Erregers untersucht.
Die Überwachung wird persönlich durchgeführt. Dabei spielen die langjährige Erfahrung im Betrieb und der richtige Zeitpunkt der Kontrolle eine wesentliche Rolle. In krankheitsanfälligen Perioden oder bei krankheitsbegünstigender Witterung ist es sogar ratsam, die Kontrollen mehrmals täglich durchzuführen. Alternativ helfen landwirtschaftliche Berater bei der Kontrolle der Kulturen.
Darüber hinaus dokumentieren öffentliche Warndienste das erstmalige Auftreten, die Befallsintensität und die Schadensschwellen für die Hauptanbaugebiete einer Pflanzensorte in einem Land oder einer Region. Zusätzliche Informationen über das Auftreten von Krankheiten können bei den amtlichen Beratungsdiensten eingeholt werden.
Die Warndienste stützen sich auf Vorhersagemodelle. Sie sind an die jeweiligen Klimazonen angepasst und seit vielen Jahren etabliert. Ihre Werte beruhen auf dem Zusammenspiel von Wetterdaten, Wachstumsstadien, Befallsdruck in der Region oder Vorjahresbefall und Sortenanfälligkeit. Über das ganze Land verteilte Wetterstationen messen Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Sonnenstunden und Wind. Auf Basis dieser Wetterdaten werden vom Pflanzenschutzwarndienst ständig aktualisierte und leicht verständliche Modelle für den Wein-, Obst-, Acker- und Gartenbau erstellt und in Grafiken aufbereitet.
Zum Beispiel:
Im Weinbau wird der Peronospora- und Oidium-Druck aus den Parametern Feuchtigkeit und Luftdruck berechnet.
Im Obstbau gibt es sehr gute Prognosemodelle für die bakterielle Krankheit Feuerbrand (Erwinia amylovora; Niederschlag, Blütenstadium) und die Pilzkrankheit Schorf (Venturia inaequalis; alle klimatischen Parameter, Vorjahresbefall, Sorte). Für viele andere Krankheiten lässt sich das Risiko gut abschätzen: Die Pilzliche Kräuselkrankheit (Taphrina deformans) hat ihr Keimungsfenster im Knospenstadium und muss zu diesem Zeitpunkt bekämpft werden. Bakteriosen wie Pseudomonas treten nach dem Frost (Mikrorisse) oder nach dem Blattfall (Wunden) auf.
Für Ackerkulturen gibt es Vorhersagemodelle, insbesondere für Getreidekrankheiten wie Rostpilze, Mehltau, Septoria und andere. Die Überwachung vor der Ernte und Frühwarnsysteme für Mykotoxine in Getreide und Mais ermöglichen die Sicherung der Erntequalität durch rechtzeitigen Fungizideinsatz. Für Mehltaukrankheiten, außer jene, die in Getreide vorkommen, gibt es gute empirische Daten über die Temperatur-Feuchtigkeits-Kombination. Für Kartoffeln können Empfehlungen für die optimale Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora) berechnet werden.
Darüber hinaus wurden für bestimmte Krankheiten Computerprogramme für Landwirte entwickelt, die anhand von Wetterdaten Szenarien für die Befallsentwicklung aufzeigen. Auch kultur- und länderspezifische Fachliteratur ist verfügbar.
Typische Symptome, verursacht durch Bakterien, Pilze, Viren
Die Anzeichen von Krankheiten werden als Symptome bezeichnet.
Die Symptome können lokal sein - an einzelnen Pflanzenteilen auftreten - oder die gesamte Pflanze betreffen (systemisch). Zu den lokalen Symptomen gehören physiologische Veränderungen der Pflanzenstruktur wie Blattflecken und Wucherungen. Systemische Veränderungen äußern sich in Form von Verfärbungen (z. B. Vergilbung) oder Wachstumsveränderungen (Verdichtung, Besenwuchs).
Die Symptome können im Hinblick auf ihre Wirkungsweise primär oder sekundär sein. Primärsymptome sind direkt auf die Interaktion des Erregers mit dem Pflanzengewebe zurückzuführen (Proliferation). Sekundärsymptome sind eine Folge der Aktivität des Erregers. Es werden Teile der Pflanze oder die gesamte Pflanze befallen. Ein Beispiel ist das Welken der gesamten Pflanze aufgrund der Verstopfung der Leitungsbahnen in den Wurzeln durch bodenbürtige Pilze im Gartenbau (Verticillium, Fusarium).
Die Symptome können mikroskopisch oder makroskopisch sein. Während die mikroskopischen Veränderungen von Fachleuten unter dem Mikroskop festgestellt werden, sind die makroskopischen Symptome bei der visuellen Pflanzenkontrolle leicht zu erkennen (Tabelle 4.1.).
Symptome | Erreger / Wissenschaftlicher Name der Krankheit | Übertragungsmodus der Krankheit/ Anmerkung | Beispiele |
---|---|---|---|
Lokal: Myzel, Fruchtkörper und Pusteln, Blattflecken, Verfärbungen Systemisch: Welke, Absterben |
Pilze Mykose |
durch Wind und Wasser (Spritzen) Beachten Sie die Warndienste! |
Echter Mehltau, Falscher Mehltau, Fusarium, Botrytis Weinbau: Oidium, (Erysiphe necator), Esca, Peronospora (Plasmopara viticola) Obstbau: Birnengitterrost, Monilia, Schorf Ackerbau: Phytophthora, Septoria,Rost Gartenbau: Rhizoctonia, Verticillium, Phytium, Alternaria |
Lokal: Blattflecken, Gallen, Geschwüre, Tumore, schleimiges Nässen Systemisch: Welke, Absterben |
Bakterien und Phytoplasmen Bakteriose Phytoplasmose |
durch Wind, Wasser, Vektoren und kontaminierte Arbeitsgeräte Überwachung von Vorhersagemodellen und Klimadaten |
Weinbau: Bakterielle Blattflecken, Mehltau Obstbau: Feuerbrand, Birnenverfall, Kräuselkrankheit Ackerbau: Erwinia, Streptomyces, Stolbur, Steinbrand, Bakterien- und Knollenfäule Gartenbau: Clavibacter Bakterienwelke |
Lokal: chlorotische Flecken, Ringe, Nekrosen Systemisch: Zwergwuchs, Kümmerwuchs, Vergilbung, Welken, Absterben |
Viren Virose |
durch Vektoren (Blattläuse, Zikaden, Käfer, Fransenflügler, Nematoden), kontaminiertes Pflanzenmaterial (Wurzelstöcke, Pollen, Samen, Knollen) und kontaminierte Arbeitsgeräte |
Weinbau: Reisigkrankheit (grapevine fanleaf virus; GFLV) Obstbau: Apfelmosaikvirus (ApMV), Scharka Virus, Besenwuchs, Rindenkrebs Ackerbau: Kartoffel Blattrollvirus (Potato leafroll virus, PLRV), Pea necrotic yellow dwarf virus (PNYDV) Gartenbau: Tomatenbronzefleckenvirus (Tomato spotted wilt virus, TSWV), Cucurbit aphid-borne yellows virus (CABYV) |
Beachten Sie die Warndienste!
Frühsymptome | Spätstadium und weitere assoziierte Symptome | Krankheitserreger | ||
---|---|---|---|---|
Grobe Symptomklassifizierung und Beispielbild mit typischen Symptomen |
Beschreibung | Grobe Symptomklassifizierung | Beschreibung | |
Abbildung 4.1 Beispiel für Blattflecken © biohelp |
Helle Flecken auf der Oberseite der Blätter, die im Gegenlicht dunkel erscheinen |
Pilzwachstum |
Weißlich-graues Pilzmyzel auf der Unterseite der Blätter |
Pilz: Falscher Mehltau (Peronosporales): Peronospora (Plasmopara viticola) |
Braune Flecken auf Blatt, Blüte oder Frucht |
Oberflächlicher grauer Belag; Ausbreitung auf die ganze Pflanze |
Pilz: Grauschimmelfäule: Botrytis |
||
Chronisch: Unregelmäßige gelbe Flecken zwischen den Blattadern |
Tod |
Blattnekrosen Akut: Absterben des Stockes |
Pilz: Esca (Pilzkomplex) | |
Abbildung 4.2 Beispiel eines pulverförmigen Belages © biohelp |
Weißlich-graues Pilzmyzel auf der Blattunterseite. Später wie pulvriger weißer Rasen „Echter Mehltau“ auf der Oberseite des Blattes. |
Pilzwachstum |
Vorjahresbefall: Oidiumfiguren am 2-jährigen Holz (Strecker) Erste Befallssymptome an Zeigertrieben (= befallene Geiztriebe) Befall der Traube: Pilzbewuchs an Kämmen (Stängel) zieht sich von dort aus über die Beeren, Samenbruch als Folgeerscheinung |
Pilz: Echter Mehltau: Oidium (Erysiphe necator) |
Abbildung 4.3 Beispiel für Verfärbung und Wachstumsdeformation © A. Eppler, Justus-Liebig Universität, Bugwood.org |
Verzögerter Austrieb im Frühjahr, teilweise oder vollständige Gelbverfärbung der Blattspreite, verschiedene Blattverformungen, verkürzte Internodien und Zickzack-Wachstum |
Schwachwüchsigkeit, Kümmer-, Besenwuchs; Verbänderungen und abnormale Verzweigungen des Rebholzes, Kleinbeerigkeit und verstärkte Verrieselung |
Virus: Reisigkrankheit (Grapevine fanleaf virus + Arabis mosaic virus) |
|
Die ältesten Blätter rollen sich nach unten ein, gleichzeitig beginnen sich die Blattspreiten vom Rand her gelb (Weißweinsorten) oder dunkelrot (Rotweinsorten) zu verfärben |
Im Endstadium bleiben nur noch die Hauptadern mit ihren Säumen grün; Symptomfortsetzung entlang der Triebe. Wuchsdepression; verstärkte Verrieselung der Gescheine |
Virus: Blattrollkrankheit (Grapevine leafroll virus GLRaV 1+3) |
||
Hellfärbung der Blattadern bei jungen Blättern |
Mosaikartige Muster bei älteren Blättern, Verkrümmung |
Virus: Marmorierung der Rebe (Grapevine fleck virus, GFkV) |
||
Wuchsdeformation: verkrüppelte Triebe, verkürzte Internodien, deformierte, chlorotische Blattflecken |
Reduktion Qualität und Quantität der Ernte |
Virus: Ruländer-Krankheit (Grapevine Pinot gris virus) |
||
Stamm- und Astveränderungen |
Virus: Holzrunzeligkeit, Korkrindenkrankheit (Grapevine virus A + B) |
Frühsymptome | Spätstadium und weitere assoziierte Symptome | Krankheitserreger | Kultur | ||
---|---|---|---|---|---|
Grobe Symptomklassifizierung und Beispielbild mit typischen Symptomen |
Beschreibung | Grobe Symptomklassifizierung | Beschreibung | ||
Abbildung 4.4 Beispiel für Blattflecken © biohelp |
Helle Flecken an der Blattoberseite |
Pilzwachstum |
Weißes Pilzmyzel meist an der Blattoberseite – kann leicht abgewischt werden; Ausbreitung auf sämtliche Pflanzenteile; Kümmerwuchs, braune Verfärbung und Austrocknen der Blätter/Pflanze |
Pilz: Echter Mehltau (Erisiphiaceae) |
Obstbau |
Helle Flecken an Blattoberseite, die im Gegenlicht dunkel erscheinen |
Weißlich-graues Pilzmyzel an Blattunterseite |
Pilz: Falscher Mehltau (Peronosporales) - Artengruppe! |
Obstbau |
||
Braune Flecken auf Blatt, Blüte oder Frucht |
Oberflächlicher grauer Belag; Ausbreitung auf die ganze Pflanze |
Pilz: Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea) |
Obstbau, (Erdbeere) |
||
Rostfarbige Flecken |
Pusteln |
Pusteln an Blättern, Aufbrechende pustelförmige Sporenlager; Absterben von Pflanzenteilen |
Pilz: Rostpilze (Pucciniales) |
Apfel, Birne, Zwetschke |
|
Matt-olivgrünen, später braunen oder buckelige schwärzlichen Flecken auf Blättern |
Nekrosen |
Zusammenwachsen der Flecken, Nekrosen, Blattfall, rissige verkorkte Fruchtschale |
Pilz: Apfelschorf (Venturia inaequalis) |
Apfel |
|
Kleine, eckige, von den Blattadern umgrenzte, wässrige Flecken, die bei Gegenlicht durchscheinend und bei Auflicht schwarz erscheinen |
Schleimabsonderung und Absterben |
Symptomausbreitung auf ganzes Blatt, Absterben des Blattes, Schleimaustritt |
Bakterium: Blattfleckenkrankheit der Erdbeere (Xanthomonas fragariae) |
Erdbeere |
|
Schrottschussähnliche, durchscheinende Symptome mit gelblichem Rand |
Läsionen |
rillige, eingesunkene, schwarz-rote Läsionen auf Rinde von Stamm und Ästen |
Bakterium: Bakterienbrand (Pseudomonas syringae pv. morsprunorum) |
Steinobst (Zwetschke, Kirsche) |
|
Abbildung 4.5 Beispiel für Verfärbung und Wuchsdeformation © biohelp |
Kräuseln und Blasenbildung junger Blätter mit teilweiser roter Verfärbung |
Starke Einrollung der Blätter, Chlorosen; Reduktion des Fruchtbesatzes |
Pilz: Kräuselkrankheit (Taphrina deformans) |
Pfirsich, Nektarine |
|
Braun/Schwarzfärbung und Welke vom Blattstiel her, Verkrümmen der Triebspitzen |
Schleimabsonderung und Absterben |
Austritt von Bakterienschleim, Absterben der Pflanze zwischen wenigen Wochen (Jungpflanzen) und wenigen Jahren |
Bakterium: Feuerbrand (Erwinia amylovora) |
Kernobst |
|
Vorzeitiges Austreiben, chlorotisches Blattrollen |
Frühzeitiger Blattfall, Nekrose des Phloems, Abnormale Fruchtentwicklung und früher Fruchtfall |
Phytoplasma: Europäische Steinobstvergilbung (ESFY, Candidatus phytoplasma prunorum) |
Steinobst |
||
Früher Austrieb mit roten Blattspitzen, Nebenblätter vergrößert |
Herbstfärbung bereits im Sommer, Besenartige Verzweigung einjähriger Triebe „Hexenbesen“ |
Phytoplasma: Apfeltriebsucht (Candidatus phytoplasma timesi) |
Apfel |
||
Flecken, Ringflecken (Blatt, Frucht, Kern), Besenwuchs |
Virus: z. B.: Kirsche: hunderte Virenarten, z.B.: Himbeere 280 Virenarten |
Obstbau |
|||
Abbildung 4.6 Beispiel für Welke © biohelp |
Absterben der Triebspitze |
Gummifluss; Früchte werden braun, trocknen ein und zeigen weiße Fruchtkörper |
Pilz: Monilia (Monilia spp.) |
Obstbau |
|
Welke Blätter |
Absterben |
Absterben der gesamten Pflanze |
Pilz; bodenbürtig: Verticillium-Welke (V. dahliae) |
Himbeere, Erdbeere, Kirsche |